Eine komplette Firma geht ins Home Office

Dieses kleine fiese Ding namens Coronavirus hat in wenigen Wochen die ganze Welt verändert. Ich muss zugeben, dass ich noch im Februar der ganzen Geschichte nicht sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt habe und diese mehr oder weniger einfach in der Kategorie „nur ein weiteres Grippevirus“ abgelegt habe. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, darf ich im Prinzip nur noch mein Haus verlassen, um in den Supermarkt oder die Apotheke zu gehen. Und das sollte ich möglichst auch allein tun. Natürlich darf ich auch zu meinem Büro fahren, um zu arbeiten. Aber auch das mache ich jetzt schon seit einer Woche nicht mehr. Wieso nicht? Weil wir bereits die Woche zuvor beschlossen hatten, alle Mitarbeiter nach Hause ins sogenannte Home Office zu schicken, um von dort aus zu arbeiten. Wirklich alle Mitarbeiter? Ja, die ganze Belegschaft! Ich leite den weltweiten Vertrieb bei der Paessler AG mit Sitz in Nürnberg, und für mindestens 80% meines Teams ist das nichts Neues. Die meisten meiner Mitarbeiter sind über die ganze Welt verteilt und arbeiten entweder im Home Office oder in Coworking-Büros. Aber wir haben natürlich auch viele Abteilungen, in denen die Mitarbeiter in der Regel nicht von zu Hause arbeiten, wie die Produktentwicklung, der technische Support, IT, Marketing, Finanzen, Personalwesen und einige andere.

Ein erfolgreiches Projekt beginnt mit einer guten Vorbereitung

Insbesondere unsere Kolleginnen und Kollegen in der IT und im Personalwesen hatten in den Wochen vor der Schließung des Büros bereits viel Vorarbeit geleistet, um alles und alle auf den Auszug aus unserem schönen Hauptsitz im Nordosten Nürnbergs vorzubereiten. Deshalb konnten wir uns auch kurzfristig an einem Freitagmorgen endgültig für diesen Schritt entscheiden und am folgenden Montag arbeiteten alle bereits von zu Hause. Dazu gibt es auch einen sehr guten Blog-Artikel auf unserer Website. Wenn man sieht, wie andere Unternehmen sich offensichtlich immer noch sehr schwertun, eine funktionierende Home-Office-Strategie für ihre Mitarbeiter umzusetzen, rückt dies die großartige Arbeit unserer Kollegen aus der IT und anderen Backoffice-Bereichen, in ein noch helleres Licht.

Alles läuft (fast) wie gewohnt

Nach einer Woche, in der ein komplettes Unternehmen von zu Hause aus operiert hat, kann ich sagen, dass alles sehr gut läuft. Meetings werden jetzt nur noch online durchgeführt, nicht nur intern, sondern auch mit Kunden und Partnern, die zum Teil bereits ebenfalls von zu Hause aus arbeiten. Sicherlich ist es nicht dasselbe, wenn man die andere Person nur in einem kleinen quadratischen Fenster auf dem Bildschirm sieht, anstatt vor oder neben der- oder demjenigen zu sitzen. Aber Besprechungen mit bis zu sieben oder acht Teilnehmern sind immer noch sehr effizient. Online-Konferenzen mit größeren Gruppen von zwanzig oder mehr Personen sind schon eine kleine Herausforderung. Aber sind Meetings mit zwanzig Personen überhaupt effizient? Da alle Schulen und Kindertagesstätten ebenfalls geschlossen sind, haben Eltern, die jetzt zuhause arbeiten, zumindest diejenigen mit kleinen Kindern, nun eine weitere Herausforderung. Die Kleinen freuen sich einfach nur, dass Mama und Papa jetzt den ganzen Tag zu Hause sind, und natürlich gibt es den Begriff „Home Office“ noch nicht in deren Wortschatz. Ich glaube, jeder erinnert sich noch an das Video von BBC News. Sehr ähnliche Szenen kann man auch jetzt bei unseren Online-Meetings sehen.

Ein Stresstest für die Technik

Heutzutage nutzt jeder Online-Kommunikations- und Konferenzsoftware, sowohl im geschäftlichen als auch im privaten Bereich. Es gibt unzählige Anbieter solcher Lösungen auf dem Markt, aber die meisten von ihnen waren wahrscheinlich nicht wirklich auf eine solche Situation vorbereitet. Zumindest in den ersten Tagen sind einige dieser Lösungen schon in die Knie gegangen oder kamen zumindest an ihre Grenzen. Schlechte Video- und Audioqualität, Chats funktionierten nicht und noch ein paar andere Probleme. Aber ich will hier keineswegs irgendjemanden oder irgendein Unternehmen an den Pranger stellen. Wie bereits gesagt, war offensichtlich niemand wirklich auf eine solche Situation vorbereitet. Die Produkte werden auch von Tag zu Tag besser, weil die Unternehmen sie eben jetzt entsprechend optimieren können. Außerdem stößt jeder Dienst, der uns momentan dabei unterstützt, unsere Häuser nicht verlassen zu müssen, im Moment an seine Grenzen oder hat diese sogar schon überschritten. Pakete von Versandhändlern brauchen jetzt sehr viel mehr Zeit, um ans Ziel zu kommen, die Hauslieferung von Restaurants dauert teilweise Stunden und Bestellungen bei Supermärkten die Hauslieferung anbieten, sollte man gleich ganz vergessen. Der beste, den ich finden konnte, bot mir einen frühestmöglichen Liefertermin in drei Wochen an.

Die Krise offenbart den Stand der Digitalisierung in Deutschland

Die aktuelle Situation zeigt erneut schmerzhaft den Stand der Digitalisierung in Deutschland auf. Ich hatte dieses Thema bereits kürzlich in einem anderen Blog thematisiert. Sehr oft sprechen Politiker beim Thema Digitalisierung vor allem über die flächendeckende Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen. Dies ist sicherlich das Rückgrat einer erfolgreichen Digitalisierungsstrategie. Die Videoqualität bei Online-Konferenzen, insbesondere bei einigen meiner Kollegen, die außerhalb der Stadt leben, verdeutlicht sehr anschaulich, dass hier noch viel Arbeit vor uns liegt. Aber noch deutlicher wird in diesen Tagen, dass der sogenannte Digitalpakt zur Digitalisierung des Bildungssektors in Deutschland überhaupt nicht funktioniert. Im Mai 2019 hat die Bundesregierung dafür 5 Milliarden Euro bereitgestellt. Bis heute wurden von den Bundesländern insgesamt nur 200 Millionen Euro, von vier Länder bisher noch gar nichts beantragt. Deshalb vertreiben sich viele Kinder und Jugendliche die schulfreie Zeit zu Hause mit Videospielen und Chats in sozialen Netzwerken, anstatt vor dem PC oder dem Tablet zu lernen und mit ihren Klassenkameraden und Lehrern zu kommunizieren. Manchmal braucht es vielleicht Extremsituationen wie diese, um notwendige Veränderungen anzustoßen oder zu beschleunigen.

Bleiben Sie gesund!

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