Eine komplette Firma arbeitet von zuhause

Im März habe ich einen Blog mit dem Titel „Eine komplette Firma geht ins Home-Office“ geschrieben. Die Zeit vergeht wie im Flug, vier Monate später arbeite ich immer noch von zuhause, und es fühlt sich schon irgendwie an wie die oft zitierte „neue Normalität“. Dieser Begriff gefällt mir nicht wirklich besonders, aber in diesem Fall passt er ziemlich gut. Anders als damals im März, sind jetzt die Geschäfte wieder geöffnet, ich könnte sogar in mein Fitnessstudio gehen, wenn es nicht leider mittlerweile Insolvenz beantragt hätte (sehr bedauerlich!), und ich darf wieder in einem der schönen Biergärten in der Gegend sitzen, solange ich einige Grundregeln befolge. Nur wenige meiner Kollegen haben sich dafür entschieden, wieder von Zeit zu Zeit im Büro zu arbeiten, allerdings ohne Meetings, ohne Mittagessen in der Cafeteria und mit strengen Abstandsregeln. Ich hätte auch wieder ins Büro gehen können. Aber warum? Arbeiten von zuhause ist vielleicht nicht in jeder Hinsicht perfekt, aber es hat viele Vorteile – und auch ein paar Nachteile.

Die Vorteile

Der erste offensichtliche Vorteil für mich ist, dass ich mindestens eine Stunde Pendeln zwischen Wohnung und Büro einspare. Und eine Stunde ist verglichen mit anderen Kollegen noch relativ wenig. Damit trage ich zusätzlich meinen kleinen Teil zur Verringerung der Luftverschmutzung bei, denn ich muss zugeben, dass ich normalerweise mit dem Auto fahre. Auch kann ich meinen Tag jetzt flexibler gestalten. Kürzlich musste ich etwas bei uns zuhause reparieren lassen. In diesen Fällen ziehe ich es immer vor, selbst anwesend zu sein. Normalerweise bedarf es dafür viel Planung, um einen geeigneten Tag und ein Zeitfenster zu finden. Das war jetzt mehr als einfach. Ich sagte nur: „Nennen Sie mir bitte den nächstmöglichen Termin, an dem Sie kommen können, ich werde hier sein“. Natürlich finden solche Reparaturen normalerweise nicht jede Woche statt, aber das soll auch nur ein Beispiel für meinen speziellen Fall sein. Viele meiner Kolleg*innen haben kleine Kinder zu Hause und müssen ihr Arbeits- und Privatleben jeden Tag sehr gut organisieren. Von zuhause zu arbeiten, hilft in diesem Fall enorm – solange die Schulen und Kindertagesstätten geöffnet sind.

Ein Beschleuniger für die Digitalisierung

In meinem anderen bereits erwähnten Blog habe ich bereits darüber gesprochen, dass diese Wochen und Monate ein Stresstest für die Technologie waren und immer noch sind. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass diese Krise ein starker Beschleuniger für die Digitalisierung sein wird. Der Aufbau und die Umsetzung von vielem wird noch einige Zeit brauchen, aber ein paar andere Dinge sind schon ziemlich schnell umgesetzt worden. Wenn mich im Januar jemand gefragt hätte, ob ein vierstündiger Workshop mit einer Gruppe von 50 Personen, die von zuhause aus arbeiten und die man teilweise noch in virtuellen Breakout-Räumen in Untergruppen aufteilt, funktionieren würde, hätte ich wahrscheinlich gesagt: „Träume weiter“. Heute bin ich überzeugt, dass diese Workshops in vielen Fällen sogar effizienter sind. Abgesehen von der Tatsache, dass wir ein paar Bäume retten, wenn wir keine Post-It-Zettel verwenden, spart ein virtuelles Whiteboard viel Zeit während des Erstellungsprozesses, man kann es einfach speichern, man kann leicht Anpassungen vornehmen, und es ist für jeden jederzeit und an jedem Ort verfügbar. Ich bin schlichtweg beeindruckt von der Qualität einiger Tools zur Unterstützung der virtuellen Zusammenarbeit. An dieser Stelle möchte ich noch einmal die hervorragende Arbeit unseres IT-Teams und unserer Agile Coaches würdigen.

Wir sind unter den Glücklichen

Ich bin mir absolut bewusst, dass wir uns als Softwareunternehmen im Vergleich zu vielen anderen Branchen und Tausenden von Kleinunternehmen, wie mein bereits erwähntes Fitnessstudio, in einer sehr glücklichen und komfortablen Position befinden. Wir haben keine Logistikketten und wir sind von dieser Krise nicht unmittelbar und direkt betroffen wie zum Beispiel die Reisebranche. Ich sage das sehr ungern, da ich kein Fan von proaktiver Werbung bin, wie man auch noch Geld mit der Krise machen kann, aber auch wir konnten schon Kunden in dieser Situation mit unseren Produkten helfen. Ein großes und bekanntes Hotel in einer europäischen Hauptstadt hat gerade eine große Lizenz unserer Software gekauft. Warum gerade jetzt? Weil der IT-Administrator in der Lage sein musste, die IT-Infrastruktur und insbesondere die Sicherheitseinrichtungen wie Überwachungskameras aus der Ferne zu überwachen, während das Hotel den Betrieb einstellen musste.

Die Nachteile

Ich habe bereits erwähnt, dass das Arbeiten von zuhause auch einige Nachteile hat. Ganz klar, denn nichts ist perfekt. Zunächst einmal gibt es nicht mehr die klare Trennung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz. Heutzutage mit all den digitalen Helfern in der Tasche ist es ziemlich normal, dass wir auch die eine oder andere E-Mail mal zuhause auf dem Smartphone oder dem Tablet lesen. Das ist in meinem Fall auch vor der Krise recht oft passiert, da ich Kollegen in meinem Team habe, die ihren Arbeitstag erst acht Stunden nach mir beginnen. Aber es macht etwas mit mir, wenn ich in mein Auto steige und ich die Fahrt nach Hause nutze um „abzuschalten“. Im Home Office verschwimmen Privatleben und Arbeitsleben völlig ineinander. Also muss man lernen sich selbst zu disziplinieren, falls das nicht schon die Familie übernimmt. Aber was vermisse ich am meisten? Es ist das persönliche Gespräch, der berühmte kurze Plausch an der Kaffeemaschine, jemand kommt vorbei und fragt „Hast Du gerade fünf Minuten?“, man sitzt in einem Meeting und spürt die reale „Schwingung“ der Diskussion oder man kann einfach mal jemandem auf die Schulter klopfen und sagen: „Klasse gemacht!“.

Wir haben gelernt

Wir haben als Unternehmen in den letzten Wochen und Monaten gelernt, dass wir jeden Mitarbeiter überall hinschicken können, solange es dort eine vernünftige Internetverbindung gibt. Das Unternehmen arbeitet weiterhin perfekt. Sicherlich werden wir diese Erkenntnisse für die Zukunft nutzen, um unsere Arbeitsmodelle anzupassen und so unseren Mitarbeitern eine noch bessere Arbeitsumgebung zu bieten. Letztendlich gibt es aber einen ganz entscheidenden Faktor, warum in einer so ungewöhnlichen und kritischen Situation alles weiterhin reibungslos funktioniert oder vielleicht auch nicht funktioniert: die Mitarbeiter, die im Unternehmen arbeiten. In unserem Fall war dies nur ein weiterer Beweis dafür, dass wir großartige Mitarbeiter haben!

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