Es ist oft alles wie im Fußball

Ich beginne diesen Artikel mit einem persönlichen Outing. Ja, ich schaue gerne Fußball. Aber ich verfolge fast noch interessierter, was sich hinter den Kulissen abspielt und wie die verschiedenen Protagonisten dort agieren. Ein interessantes aktuelles Beispiel ist das öffentliche „Drama“ um Manuel Neuers Verletzung und die Entlassung seines Torwarttrainers. Fakt ist definitiv, dass abgesehen von den teilweise sehr beeindruckenden sportlichen Leitungen der ganze Fußball-Zirkus primär ein Riesen-Business ist. Eine hervorragende Fallstudie dafür hat die letzte Weltmeisterschaft in Qatar geliefert. Darüber wurde bereits ausführlich diskutiert – manchmal sinnvoll, oft auch sinnlos. Der Begriff „Business“ in Zusammenhang mit Fußball bringt mich zum eigentlichen Punkt. Fußball und die Unternehmenswelt haben viele Parallelen.

Der Coach ist der bessere Trainer

Unter diesem Titel hatte ich vor einiger Zeit schon einmal einen Artikel geschrieben. Damals hatte Hansi Flick das Team des FC Bayern München übernommen. Nach einem desaströsen Saisonstart unter dem alten Trainer hat Flick dann mit dem Team noch das sogenannte Triple gewonnen – mit den gleichen Spielern und ohne den vielzitierten „Bayerndusel“. Der neue Trainer hatte anscheinend ganz einfach den Draht zu den Spielern gefunden und sie nicht nur trainiert sondern wirklich gecoacht. Innerhalb von wenigen Wochen sind ältere Spieler wieder aufgelebt, jüngere Spieler sind zu Führungspersönlichkeiten gereift und junge Talente wurden zu Stammspielern. Aber waren nicht immer die empathischen Trainer am erfolgreichsten? Diejenigen, die die Spieler als Individuen behandeln und dann aus all diesen unterschiedlichen Charakteren ein Team formen?

Der Coach ist auch der bessere Manager

Auch Mitarbeitende in Unternehmen sind individuelle Charaktere. Gute Führung bedeutet, das Beste aus jedem Mitarbeitenden herauszuholen. Man muss eine Strategie vorgeben, aber dem Team auch die Möglichkeit geben, an der Weiterentwicklung und Implementierung dieser Strategie mitzuarbeiten. Dabei sollte man jedem im Team individuell zur Seite stehen, zuhören, die richtigen Fragen stellen, motivieren, vermitteln und auch mal schlichten, wenn es nötig ist. Coachendes Führen schafft Engagement, baut Beziehungen auf und verbessert die Leistung des gesamten Teams. Coachende Führungskräfte sehen sich selbst als erfolgreich, wenn ihr Team erfolgreich ist. Sie delegieren und befähigen die Team-Mitglieder, an herausfordernden Aufgaben zu arbeiten, und sorgen dafür, dass die Mitarbeitenden über alle notwendigen Mittel verfügen, um erfolgreich zu sein. Coachende Manager sind empathisch und schaffen so ein Umfeld, in dem jeder Einzelne seine Stärken entfalten kann. Eigentlich alles genauso wie im Fußball

Es passt nicht immer alles zusammen

Der gleiche Hansi Flick hat dann die deutsche Fußballnationalmannschaft übernommen. Man erhoffte sich auch hier den Bayern-Effekt bei der Weltmeisterschaft in Qatar. Der Kader brauchte sich eigentlich nicht vor der Weltspitze zu verstecken und der Trainer hatte schon bewiesen, dass er ein Starensemble dirigieren kann. Aber es kam bekanntlich alles ganz anders. Aber warum war das so?

  1. Die Chancenverwertung war unterirdisch schlecht, weil der „Knipser“ gefehlt hat. Niklas Füllkrug hatte gegen Spanien genau diese Qualitäten gezeigt, aber saß dann trotzdem wieder auf der Bank. Das Ergebnis ist bekannt.
  2. Die Defensive war extrem wackelig. Das war sicherlich auch auf das ständige Wechseln der Spieler und Positionen vor und während der Weltmeisterschaft zurückzuführen.
  3. Es gab vor und während dem Turnier zu viele andere Themen, über die insbesondere öffentlich diskutiert wurde und die sicherlich Spuren in den Köpfen der Spieler hinterlassen haben.   

Was heißt das übertragen auf die Unternehmenswelt?

  1. Man hat viele „heiße“ Leads, aber macht keine Abschlüsse, weil eben auch die echten „Closer“ im Sales-Team fehlen.
  2. Ständige Wechsel im Team sind kontraproduktiv, weil jeder Mitarbeitende sich an seine Position gewöhnen und sich einarbeiten muss. Nur dann entsteht ein Team, in dem sich jeder blind auf den anderen verlassen kann. Darüber hinaus sollte man den Wettbewerb nie aus den Augen verlieren und ganz besonders die kleinen agilen Wettbewerber niemals unterschätzen.
  3. Wenn die interne Politik im Unternehmen die Oberhand gewinnt, ist auch der Misserfolg nicht weit.   

Man hat eben nicht immer die perfekte Besetzung für jede Position, vertraut aber leider auch oft den Neuen nicht, die diese Position vielleicht gut ausfüllen können. Man muss mit einem Team agieren, dass nur sporadisch zusammenarbeitet. Somit können sich die Mitarbeitenden nicht wirklich in ihren Positionen einarbeiten und es entsteht kein Teamsprit. Es passieren zu viele Dinge im Unternehmen, die Unruhe erzeugen und unnötige Diskussionen initiieren, was dann wiederum vom eigentlichen Fokus ablenkt. Im Prinzip auch hier alles wieder genauso wie im Fußball.

Geld allein gewinnt nicht immer

Sicherlich sind grundsätzlich die Fußballteams in Europa erfolgreich, die das meiste Geld oder besser gesagt den reichsten Sponsor haben. Manchester City ist hier ein gutes Beispiel oder auch Paris St. Germain. In Deutschland denkt jeder sicherlich gleich an Hoffenheim oder Leipzig, die höchstwahrscheinlich ohne die finanzielle Unterstützung von namhaften Milliardären niemals in der Bundesliga spielen würden. Aber genauso gibt es auch Leicester City, die 2016 völlig überraschend Meister in der Premier League wurden. Bei uns in Deutschland fallen mir sofort Union Berlin und der SC Freiburg ein, deren Basis für den Erfolg primär die Kombination aus gutem Coach, hohem Teamgeist und einer treuen Fangemeinde ist. Teamgeist und echte Fans kann man mit Geld nicht bezahlen.

Teamgeist und echte Fans machen den Unterschied

Teamgeist im Unternehmen entsteht durch eine gute Führungskultur und eine starke Unternehmenskultur. Die muss vom gesamten Management ausgehen und vorgelebt werden. Oder warum sonst stehen Fußballclubs mit fachlich guten Trainern und hervorragenden Spielern trotzdem am Tabellenende? Warum verlassen exzellente Spieler oder Mitarbeitende trotz guter Position und Bezahlung den Verein oder das Unternehmen? Oder umgekehrt, warum bleiben gute Spieler oder gute Mitarbeitende bei einem Verein oder bei einem Unternehmen trotz verlockenden Angeboten von der Konkurrenz? Menschen verlassen prinzipiell ungern den Platz, an dem sie sich wohlfühlen. Und dann sind da noch die Fans und die Kunden. Bei manchen Fußballteams sind die Stadien immer ausverkauft, während andere nicht selten vor halbleeren Rängen spielen. Auch ein Unternehmen sollte das Ziel haben, Kunden zu Fans zu machen. Manche Unternehmen schaffen das bereits über Jahre sehr erfolgreich. Oder warum zahlen Apple-Kunden für ein iPhone oder ein MacBook gerne ein paar Euros oder Dollars mehr als für ein gleichwertiges Produkt von einem anderen Hersteller? Es ist eben oft alles wie im Fußball.

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