Die Themen ESG und Nachhaltigkeit stehen bei vielen Unternehmen mittlerweile ganz oben auf der Liste. Oft wirklich ernst gemeint, manchmal leider auch nur als „Greenwashing“. Firmen wie Apple scheinen das Thema wirklich ernst zu nehmen, wenn man dem Werbevideo Glauben schenken darf. Es gehört aber mittlerweile nicht nur zum guten Ton, dem Thema Nachhaltigkeit den nötigen Stellenwert zu geben. Seit dem 01.01.2024 gibt es in der EU die Pflicht zu einer deutlich erweiterten Nachhaltigkeitsberichterstattung basierend auf Vorgabe der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Diese gilt jetzt für alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden, mehr als 40 Mio. Euro Umsatz oder einer Bilanzsumme von mehr als 20 Mio. Euro. Über die nächsten vier Jahre werden dann Schritt für Schritt weitere Kategorien von Unternehmen zur Berichterstattung verpflichtet.
Die ESG-Kategorien
ESG umfasst drei Bereiche, die bei der Analyse der Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens bewertet werden: Umwelt (Environment), Soziales und Governance. Der Bereich Umwelt umfasst wie der Begriff schon sagt die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt, einschließlich Themen wie Klimawandel, Energieeffizienz, Ressourcenverbrauch, Abfallmanagement und Umweltverschmutzung. Unternehmen können durch ihre Produkte oder Wertschöpfungsketten sowohl einen positiven als auch einen negativen Einfluss auf Klima, Ressourcen, Wasser und Artenvielfalt haben. Der Bereich Soziales beinhaltet die Beziehungen eines Unternehmens zu seinen Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und anderen relevanten Stakeholdern. Dazu gehören Themen wie Arbeitsbedingungen, Menschenrechte, Vielfalt und Inklusion, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie das Engagement in der Gemeinschaft. Unternehmen können so ihren Mehrwert für die Gesellschaft darstellen. Governance schließlich ist die Art und Weise, wie ein Unternehmen geführt und kontrolliert wird. Dies umfasst die Unternehmensführung, ethische Grundsätze, Integrität, Transparenz, die Zusammensetzung des Vorstands, unabhängige Prüfung und die Einhaltung von Vorschriften. Unternehmen können damit ihr nachhaltiges und verantwortungsbewusstes Handeln sicherstellen und fördern.
Kontext und Bewertungskriterien
Die ESG-Anforderungen werden jetzt durch das Einfordern von nachhaltigem Verhalten durch die Politik schrittweise in die Unternehmenswelt implementiert. Das Lieferkettengesetz gilt bereits seit 2023 für Unternehmen ab 3000 Mitarbeitern und ab 2024 auch für Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern. Dieses verpflichtet die Unternehmen, für die Einhaltung der Menschenrechte auf der gesamten Lieferkette zu sorgen. Es geht also grundsätzlich um Ressourceneinsatz und Wertschöpfungsketten. Dies wiederum betrifft das gesamte Unternehmen, das aber gerade in diesen Zeiten natürlich noch vielen anderen großen Herausforderungen gegenübersteht. Eine große Mehrheit der Gesellschaft hingegen erwartet von Unternehmen, dass diese die ESG-Vorgaben erfüllen und sieht dies auch als Wertsteigerung. Kriterien sind hierbei spezifische Schwellenwerte für die Bewertung einer Tätigkeit als nachhaltig (z.B. Emissionsgrenzwerte für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen), die Festlegung technischer Anforderungen abhängig von der Branche (z.B. Technologie, Effizienz oder Art und Weise der Abfallentsorgung) und konkrete Handlungsrichtlinien und -methoden.
Die Taxonomie-Verordnung
Ökologische Nachhaltigkeit wird anhand von sechs Umweltzielen definiert: die Abschwächung des Klimawandels, die Anpassung an den Klimawandel, die nachhaltige Nutzung und der Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, die Vermeidung und Verringerung von Umweltverschmutzung und der Schutz und die Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen. Eine Wirtschaftstätigkeit wird als ökologisch nachhaltig eingestuft, wenn sie zu mindestens einem der genannten Umweltziele beiträgt, keinem dieser Ziele signifikant schadet und bestimmten Mindestmaßnahmen entspricht (z.B. den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen und den Grundsätzen der Vereinten Nationen für verantwortungsvolles Unternehmertum). Die Taxonomie-Verordnung soll Unternehmen, die Produkte als ökologisch nachhaltig bezeichnen, dazu bewegen offenzulegen, inwieweit und wie sie die Kriterien dieser Verordnung erfüllen. Sie soll einen einheitlichen Rahmen schaffen, der Investoren und Finanzmarktteilnehmern Klarheit darüber bietet, welche Investitionen wirklich nachhaltig sind. Vor allem soll sie aber auch dem sogenannten Greenwashing entgegenwirken, nämlich der irreführenden Darstellung von Produkten als ökologisch nachhaltig.
Was bedeutet das für die Unternehmen?
ESG wird große Transformationen innerhalb der Unternehmen erfordern, wird aber auch zur Selektion führen. Wer nicht grün ist, wird ausgemustert. Nachhaltigkeit wird anhand der vorgegebenen Leitlinien auf allen Stufen der Wertschöpfungskette erarbeitet werden müssen. Unternehmen müssen vorausschauend potenzielle Risiken in Bezug auf Nachhaltigkeit identifizieren, bewerten und managen. Und das nicht nur für sich selbst, denn mit dem wachsenden Bewusstsein für ESG-Themen werden auch die Erwartungen und Bedenken von Investoren, Kunden und anderen Stakeholdern steigen. Darüber hinaus ist Nachhaltigkeitsberichterstattung kein einmaliger Prozess. Ganz im Gegenteil. Dieser Prozess muss regelmäßig überprüft und weiterentwickelt werden. Allerdings gibt es auch ein hohes Maß an Unsicherheit aufgrund von sehr allgemeinen Rechtsbegriffen, dem Fehlen von klaren Regeln und der Androhung von potentiell drakonischen Strafen.
ESG-Richtlinien haben sich bereits etabliert
Laut der PwC-Studie „Private Equity Trend Report 2023“ geben ausnahmslos alle Befragten an, dass sie über eine Richtlinie für verantwortungsvolle Investitionen verfügen sowie die Werkzeuge, um diese umzusetzen. 2021 lag dieser Anteil erst bei 77 Prozent. Knapp zwei Drittel (64 Prozent) nutzen bereits ESG-spezifische KPIs für alle ihre Portfolio-Unternehmen. Dazu zählen etwa der CO2-Fußabdruck und der Wasserverbrauch oder Kennzahlen zu Diversität und Inklusion. 2021 lag dieser Anteil erst bei 17 Prozent. Gleichzeitig wächst die Überzeugung, dass der Fokus auf ESG auch der finanziellen Performance eines Unternehmens zuträglich ist: 71 Prozent stimmen der Aussage zu, dass der ROI von ESG die Kosten übersteigt. Im Vorjahr waren erst 36 Prozent der Befragten dieser Meinung. Auch Startups verbinden heute schon Nachhaltigkeit und Wachstum. „Junge, innovative Unternehmen in Deutschland sind der Motor der nachhaltigen Transformation der deutschen Wirtschaft“, sagt Florian Nöll von PwC Deutschland im Handelsblatt. Das gilt ganz besonders für den Energiesektor. „Hier können zwei Drittel aller Start-ups als grün eingestuft werden“, betont Nöll. Lange Zeit wurden Nachhaltigkeit und Wachstum in der politischen Debatte als nicht vereinbar angesehen. Die jungen Unternehmer sehen das anders: „Start-ups verbinden ökologische Nachhaltigkeit und Wachstum. 61 Prozent verfolgen beide Ziele als wichtigen Teil ihrer Unternehmensstrategie und bringen so die ökologische Transformation in die Breite der Wirtschaft“, sagt Nöll.
Interim Manager können Unternehmen ganzheitlich unterstützen
Es gibt bereits heute unzählige spezielle Beratungsangebote fokussiert auf das Thema ESG und die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Aber ökologische Nachhaltigkeit und Wachstum müssen vereinbar sein und verbunden werden. Interim Manager haben den Blick auf das Ganze und können somit unterstützen, die allgemeine Unternehmensstrategie mit den neuen Regeln in Einklang zu bringen und die wirklich notwendigen Transformationsprozesse zu implementieren. Das bedeutet auf der einen Seite, die Implementierung von Nachhaltigkeitsmanagement und -berichterstattung voranzutreiben, die ESG-Risikobeurteilung in den Unternehmen durchzuführen und damit einen Kulturwandel in Richtung ESG anzustoßen. Auf der anderen Seite bedeutet es aber auch, den Unternehmen zu helfen, weiter zu wachsen und nachhaltig das EBIT zu steigern. Nach außen hin kann der Interim Manager darüber hinaus in der Öffentlichkeitsarbeit unterstützen, um das ganzheitlich nachhaltige Handeln des Unternehmens positiv zu vermarkten. Er kann beispielsweise auch Banken und Investoren die Vorzüge der Nachhaltigkeitsberichterstattung vermitteln. Interim Management wird also auch im Kontext ESG einen großen Mehrwert für Unternehmen bieten können.