Gerade wenn man sich im Vertrieb breiter und internationaler aufstellen will, stellt sich oft die Frage, was will ich oder was kann ich wirklich dafür investieren. Sicherlich können große Konzerne diese Frage einfacher beantworten, gründen meist sofort lokale Niederlassungen und stellen komplette Teams ein. Als Startup oder auch Mittelständler schreckt man hier natürlich erst einmal vor solchen Investitionen zurück oder kann diese auch gar nicht stemmen. Deshalb entscheiden sich viele Unternehmen insbesondere im B2B-Bereich, ihre Produkte über den indirekten Vertrieb, das heißt über einen Partnerkanal zu vertreiben. Die Partner sind dann idealerweise nicht nur Distributor oder Weiterverkäufer, sondern bieten dem Kunden darüber hinaus einen Mehrwert („Value-Added“). Das können beispielsweise Installation und kundenspezifische Konfiguration eines Produkts, individuelle Beratung, lokaler Aftersales-Support oder ähnliche Services und Dienstleistungen sein.
Definition des Zielmarktes und der Zielgruppe
Die Auswahl der richtigen Partner für das Reseller-Netzwerk ist primär abhängig vom Zielmarkt und der Zielgruppe für das Produkt. Zuerst einmal muss man entscheiden, in welchen Ländern und Regionen man mit dem Verkauf des Produkts und somit auch mit dem Aufbau des Partnernetzwerks starten will. Sicherlich kann man die meisten Produkte in jedem Land verkaufen, aber im ersten Schritt macht eine Konzentration auf die Länder mit den niedrigsten Eintrittshürden definitiv am meisten Sinn. Hierzu zählen rechtliche Beschränkungen, aber auch sprachliche und kulturelle Hürden. Dann hört man sehr oft den Satz „unser Produkt kann jeder nutzen und gebrauchen“. Aber auch hier ist eine klare Fokussierung auf Zielgruppe, Unternehmensgröße und Branche wichtig, um eine klare Vertriebsstrategie erarbeiten zu können. Die aktuelle Verteilung des gegenwärtigen Kundenstamms ist hierbei immer ein guter Indikator für die Definition der idealen Zielgruppe. Diese Zielgruppe hilft dann wiederum, die idealen Vertriebspartner zu finden.
Definition des idealen Vertriebspartners
Wenn man sich beispielsweise im Software-Bereich auf kleinere Unternehmen als Kunden konzentriert, macht es wenig Sinn, zu versuchen große IT-Systemhäuser zu akquirieren. Es stellt sich also die Frage, wie der ideale Vertriebspartner aussieht, um meine Zielgruppe zu adressieren. Welche Vertriebspartner haben im besten Fall schon viele Kunden, die meiner Zielgruppe entsprechen? Welche potentiellen Partner haben bereits Produkte im Portfolio, die gut zu unserem Produkt passen? Der ideale Partner sollte außerdem auch den Mehrwert bieten, den unsere Kunden für unser Produkt erwarten. Wenn unser Produkt beispielsweise einen hohen Grad an kundenspezifischer Anpassung benötigt, sollte der Partner auch die nötigen Ressourcen und die technische Expertise haben, diese Anpassungen umzusetzen. Es stellt sich darüber hinaus die Frage, wie viele Vertriebspartner wir wirklich wollen und brauchen. Ist uns Quantität oder Qualität wichtiger? Erwarten die Kunden eine lokale Nähe des Vertriebspartners oder erfordert das sogar unser Produkt? Und nicht ganz unerheblich für die Auswahl der richtigen Partner ist die Frage, was wir dem Partner außer ein paar Prozentpunkte Reseller-Rabatt noch zu bieten haben.
Akquise der Vertriebspartner
Die Akquise der Partner kann man auf verschiedenen Wegen angehen. Hat man als Unternehmen schon einen gewissen Bekanntheitsgrad, beispielsweise aufgrund eines sehr attraktiven Produkts, ist es gut möglich, dass viele potentielle Partner proaktiv den Kontakt suchen. Dies kann man dann noch durch gezielte Online-Aktivitäten unterstützen und damit auch schon im Vorfeld die richtigen Kandidaten selektieren bevor man in weiterführende Gespräche geht. Für Unternehmen, die neu auf dem Markt sind, heißt es allerdings oft, dass man in die Kaltakquise gehen muss. Wenn intern die notwendigen Vertriebsressourcen zur Verfügung stehen, kann man dies selbst in die Hand nehmen. Oftmals kann es aber auch Sinn machen, einen externen Dienstleister ins Boot zu holen, der gezielt eine große Anzahl potentieller Reseller kontaktiert, die das ideale Profil haben. Bei Interesse von deren Seite kann dann das eigene Vertriebsteam die weiteren Diskussionen führen.
Aufbau und Entwicklung der Vertriebspartner
Hat man die richtigen Vertriebspartner gefunden, ist der Verkauf über diese keineswegs ein Selbstläufer. Die meisten haben bereits ein bestehendes Produktportfolio und werden immer die Produkte und Lösungen zuerst verkaufen, bei denen sie sich kompetent und sicher fühlen. Das heißt nichts anderes, als dass man gerade am Anfang sehr viel Zeit in Schulung und Unterstützung investieren muss, sowohl vertrieblich als auch fachlich. Die Qualität des Partner-Onboarding entscheidet schon sehr früh über den zukünftigen Erfolg einer Partnerschaft. Hierzu gehören auch ein gemeinsames Umsatzziel und eine gemeinsame Marketingplanung. Und ganz wichtig: die Rechte und Pflichten beider Seiten sollten sowohl in einem Partnervertrag als auch einem Partnerprogramm klar definiert werden. Gerade letzteres sollte gut durchdacht werden und wie schon erwähnt mehr als nur Partnerstufen mit Reseller-Rabatten enthalten.
Betreuung der Vertriebspartner
Nach dem Onboarding und der gemeinsamen Planung ist die laufende Betreuung der Partner, das Partner-Management, essentiell wichtig. Ein typischer Value-Added-Reseller (VAR) hat typischerweise eine ganze Palette von Lösungen im Angebot und wird sich immer primär auf die Produkte konzentrieren, für die er die meiste Expertise hat und die sich am besten und am einfachsten verkaufen lassen. Das sind meist die Produkte von Lieferanten und Herstellern, die sich ständig und regelmäßig in Erinnerung rufen und nicht nur Teil der Preisliste des Resellers sind. Der Partner will auf dem Laufenden gehalten werden. Er erwartet, dass man ihn proaktiv unterstützt. Oder, um es emotionaler auszudrücken, der Partner braucht das Gefühl, dass der Hersteller sich um ihn kümmert. Das reicht von regelmäßigen Updates bezüglich Produkt und Strategie über besondere Vertriebsaktionen bis hin zu Feedback-Runden mit dem Produktteam, in denen der Reseller Einfluss auf die weitere Entwicklung des Produkts nehmen kann.
Mit Partnernetzwerken Vertrieb effizient skalieren
Gut entwickelte und betreute Partnernetzwerke können hervorragend dabei unterstützen, den Vertrieb effizient zu skalieren und auch zu internationalisieren. Egal, ob der Partner als VAR zusätzliche Services anbietet oder auch nur als Wiederverkäufer agiert. Man schafft sich über das Partnernetzwerk eine kompetente erweiterte Vertriebsmannschaft, die auch über die eigenen Landesgrenzen hinaus durch ihren Kundenstamm den Zugriff auf tausende potentielle Neukunden ermöglicht. Das eigene Vertriebsteam kann relativ klein gehalten werden und sich primär auf die Betreuung der Partner konzentrieren. Hierbei ist es oft noch nicht einmal nötig, dass man eigene Leute vor Ort hat, solange man Sprache und Zeitzone der Auslandspartner am Heimatstandort unterstützen kann. Aber man sollte, wie schon erwähnt, den indirekten Vertrieb über ein Partnernetzwerk keineswegs als Selbstläufer betrachten, denn die kontinuierliche Loyalität der Partner erfordert eine kontinuierliche Betreuung. Die Konkurrenz schläft nicht!