Seit Anfang 2020 jagt eine schwere die Krise die andere. In vielen Bereichen musste und muss man sich von alten Gewohnheiten trennen. So wie es Stand September 2022 aussieht stehen uns noch einige weitere schwerwiegende Veränderungen bevor. Diese betreffen alle: den Staat, die Unternehmen und die Privathaushalte. Es gibt den vielzitierten Satz „Wir werden stärker aus der Krise herauskommen als wir hineingegangen sind“. Möglicherweise wird dieser Spruch in diesen Zeiten auf den Prüfstand gestellt. Aber Aussitzen kann definitiv nicht die Lösung sein. Es wird seit Monaten viel von der sogenannten Zeitenwende geredet. Ich nenne es einen strategischen Wendepunkt. Diesem Begriff hatte ich schon Ende 2019 einen Blogartikel gewidmet. Kommt man an einen strategischen Wendepunkt wird effektives Veränderungsmanagement, in neudeutsch Change-Management, gebraucht.
Neue Strategien umsetzen
Der Begriff Change-Management wird meist in der Unternehmenswelt gebraucht, üblicherweise immer dann wenn ein sich Unternehmen aufgrund strategischer Wendepunkte neu ausrichten muss. Man schließt sich mit einem anderen Unternehmen zusammen, man will in neue Märkte eintreten, man führt neue Produkte oder Technologien ein, man ist zu Kosteneinsparungen gezwungen oder man muss gegen Kundenunzufriedenheit ankämpfen. Das gleiche gilt sicherlich auch für den Staat. Die gegenwärtige Situation ist möglicherweise der größte strategische Wendepunkt für Europa und insbesondere für Deutschland. Für Unternehmen wie für den Staat gilt, dass es nicht genügt eine neue Strategie zu planen und zu verkünden. Alle Mitarbeitenden beziehungsweise der Großteil der Bevölkerung müssen mitgenommen werden. Verhaltensweisen müssen geändert, neue Aufgaben erfüllt und alte Regeln müssen angepasst werden. Das alles führt zwangsweise zu tief greifenden Veränderungen, die nicht immer erfolgreich sind, sondern auch scheitern können.
Was ist Change-Management?
Change-Management oder das Veränderungsmanagement umfasst alle Projekte, Aktivitäten, Maßnahmen und Aufgaben, die Veränderungen in einer Organisation bewirken sollen. Meistens geht es darum, einer neuen Strategie zu folgen, gewachsene Strukturen zu verändern, technische und organisatorische Systeme zu erneuern, Prozesse zu verbessern oder Verhaltensweisen zu beeinflussen und zu verändern. Im Unternehmensumfeld ist der Wandel ein zentrales Merkmal. Aber in vielen Fällen versucht man Veränderungen zu vermeiden und reagiert erst dann auf den Wandel, wenn es keine Alternativen mehr gibt. Im Idealfall bereitet man sich frühzeitig vor indem man den Wandel proaktiv und vorausschauend organisiert. Davon sind dann viele oder sogar alle Mitarbeiter betroffen, was wiederum große Risiken mit sich bringt. Wird der Veränderungsbedarf von allen verstanden und akzeptiert? Ziehen alle am gleichen Strang? Man braucht aktives Change-Management um diese Herausforderungen zu bewältigen.
Change-Management fängt im Kleinen an
Veränderungen im Unternehmen finden beim Einzelnen, an jedem Arbeitsplatz statt. Schon die Versetzung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin in ein anderes Büro oder die Veränderung eines ganz konkreten Arbeitsablaufes, der nur eine kleine Gruppe betrifft, kann das Unternehmen als Ganzes fordern. Denn auch diese kleinen Veränderungen können zu Brüchen und Konflikten führen, die das gesamte Team lahmlegen. Ganz entscheidend ist hier die Unternehmenskultur, das heißt inwieweit diese solche Veränderungen zulässt. Wenn schon kleinste Veränderungen zu großen Verwerfungen führen, werden große Veränderungen wohl kaum gelingen. Wichtig zu erwähnen ist hier vielleicht noch, dass des Öfteren Change-Projekte auch völlig ohne Anlass initiiert werden. Ein neuer Manager beispielsweise profiliert sich gerne damit, seinen eigenen „Fußabdruck“ mithilfe neuer Konzepte zu hinterlassen und damit Veränderungen anzustoßen, die oft völlig überflüssig sind. Man muss den echten Veränderungsbedarf erkennen und dann auch abwägen, welche Veränderungen wirklich notwendig sind.
Alle müssen mitgenommen werden
Sehr wichtig ist, dass das Management erkennt, in welchem Tempo die Veränderungen implementiert werden. Das wiederum ist sehr stark abhängig, inwieweit die Betroffenen bereit sind, den Wandel mitzumachen und zu bewältigen. Erfolgreiches Change-Management steht und fällt damit, ob man wirklich alle mitnehmen kann. Das kann sich je nach Projekt als leichter oder schwieriger darstellen. Man kann die Gruppe der Betroffenen grob in drei Parteien aufteilen: die Begeisterten, die Zögerlichen und die Ablehner. Aus meiner eigenen Erfahrung ist die Verteilung dieser Gruppen sehr schwankend, wobei die Zögerlichen sicherlich immer den größten Anteil haben. Die Kunst ist jetzt die Begeisterten stärker einzubinden und viele der Zögerlichen auch zu Begeisterten zu machen. Die radikalen Ablehner zu gewinnen ist in dem meisten Fällen reine Zeitverschwendung. Aber nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch viele Führungskräfte erkennen oft nicht, warum Veränderungen notwendig sind. Das führt dann dazu, dass wichtige Entscheidungen verschleppt werden und der Wandel wird erst initiiert, wenn es schon fast zu spät ist. Dann bleibt oft zu wenig Zeit für effektives Change-Management.
Change-Management in vier Schritten
Effektives Change-Management muss gut geplant werden. Dazu gehört im ersten Schritt das Erkennen und Erfassen des Veränderungsbedarfs. Warum wird die Veränderung benötigt und was genau soll verändert werden? Je besser man dies definiert, umso einfacher wird auch der zweite Schritt, nämlich die initiale Kommunikation gegenüber den Betroffenen. Gute Kommunikation entscheidet schon am Anfang über Erfolg oder Misserfolg. Die Betroffenen wollen informiert, aber auch beteiligt werden. Je besser man das macht, umso größer wird schon am Anfang die Gruppe der Begeisterten werden. Der dritte Schritt beinhaltet die konkrete Planung, Durchführung und Überwachung des Projekts. Allen sollte klar sein, wohin die Veränderungen führen sollen, was konkret geplant ist und was das für jeden Einzelnen mit sich bringt. Erfolge sollten gefeiert und damit die „alten Zöpfe abgeschnitten werden“. Im letzten Schritt sollte das Change-Projekt auch richtig beendet werden, um nicht weiterhin irgendwo unter der Oberfläche präsent zu sein und wieder mit neuen Inhalten gefüttert zu werden. Konkrete Indikatoren für die Zielerreichung verhindern dies. Sie zeigen ganz genau an: wir haben das Projekt erfolgreich beendet. Damit wird auch für die Betroffenen klar, dass sie sich wieder in einem stabilen Umfeld befinden.
Gutes Change-Management ist kein Selbstläufer
Wer glaubt, dass man Veränderungen einfach top-down durch das Management anordnen kann, wird definitiv Schiffbruch erleiden. Die meisten Menschen reagieren auf Veränderungen mit Verunsicherung und Angst. Das wird noch verstärkt, wenn die Betroffenen plötzlich neue Kompetenzen brauchen oder wenn die Veränderungen völlig unerwartet kommen. Wenn die Arbeitsbelastung zunimmt oder sogar Arbeitsplätze verloren gehen. Wenn der Grund für die Veränderung nicht erkannt wird, weil doch alles soweit ganz gut funktioniert. Wenn es unklar ist, wo das alles eigentlich hinführen soll oder weil man ganz einfach schon schlechte Erfahrungen mit vergangenen Change-Projekten gemacht hat. Ganz wichtig ist, dass das Management glaubwürdig hinter dem angestrebten Wandel steht und nicht etwa offensichtlich von anderen Einflüssen getrieben wird. Wie schon erwähnt muss letztendlich auch die Unternehmenskultur zu den angestrebten Veränderungen passen – und umgekehrt. Führungskräfte und Mitarbeitende müssen von der Notwendigkeit zur Veränderung überzeugt sein. Dann gelingt es. Deshalb ist es wichtig, alle Betroffenen rechtzeitig zu informieren und einzubinden und vor allem die Veränderungsbereitschaft selbst vorzuleben. Verschweigen sollte man hier keineswegs, dass es bei den meisten Change-Projekten auch immer Verlierer gibt. Im schlimmsten Fall Mitarbeitende, die den Arbeitsplatz verlieren. Ein fairer Umgang mit den Betroffenen sollte hier selbstverständlich sein.